Graduiertenkolleg "Family Matters"
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Sonja Trurnit

Sonja Trurnit

Doktorandin

Kontakt

Department für Anglistik und Amerikanistik
Schellingstr. 3 (RG)
80799 München

Raum:
Telefon: + 49(0)89 2180 - 2800

Website: Trurnit

Sonja Trurnit studierte Anglistik im Bachelor an der LMU München und der University of Alberta. Im Sommer 2022 schloss sie den Master English Studies an der LMU München ab. Ihre Masterarbeit beschäftigte sich mit der queeren Textualität des Romans Written on the Body (1992) von Jeanette Winterson. Im Anschluss daran, nahm Sonja eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin zur Promotion im Department für Anglistik der LMU an und trat dem Graduiertenkolleg „Family Matters” kurz darauf bei.

Dissertationsthema: „Going into Labour: Procreativity in Contemporary Life Writing and Autofiction”

Diese Dissertation untersucht die Entstehung der Mutterschaftsmemoiren und der Autofiktion als eigenständiges literarisches Genre, das seit Beginn des 21. Jahrhunderts eine Blütezeit erlebt. Während der jüngste Boom Mutterschaftsliteratur aus soziologischer und politischer Perspektive vielfach diskutiert wurde, bietet dieses Projekt eine literarische und theoretische Analyse. Es geht der Frage nach, wie diese Texte Erfahrungen der Mutterschaft in Experimente mit Form, Autorschaft und Genre verwandeln. Auf der Grundlage von Julia Kristevas psychoanalytischen Theorien zu Semiotik, Abjektion und mütterlicher Kreativität untersucht die Dissertation, wie das Schreiben aus der Perspektive der Mutter Vorstellungen von Kreativität, Einfluss und literarischer Produktion selbst neu gestaltet.

Im Mittelpunkt der Studie steht das von Susan Stanford Friedman geprägte Konzept der Prokreativität, das die Schnittstelle zwischen Fortpflanzung und Kreativität beschreibt. Anhand eines close readings der Werke von Rachel Cusk, Doris Lessing, Jenny Diski, Maggie Nelson, Elif Shafak und Sheila Heti argumentiere ich, dass Mutter-Schriftstellerinnen eine doppelte Aufgabe erfüllen – sie gebären sowohl Kinder als auch Texte – und dass diese Dualität eine einzigartige Ästhetik hervorbringt. In diesen Werken werden wiederkehrende Tropen wie Ambivalenz, Genealogie und Schreibblockade nicht zu Zeichen kreativer Lähmung, sondern zu Ausdruck literarischer Erneuerung.

Indem es eine literarische Linie nachzeichnet, die von Virginia Woolf über Lessing bis hin zu zeitgenössischen Autorinnen reicht, entwickelt das Projekt die Idee einer mütterlichen Genealogie des Einflusses und revidiert dabei kanonische Modelle wie Harold Blooms Anxiety of Influence und Gilbert und Gubars „anxiety of authorship“. Letztendlich zeigt die Dissertation, wie zeitgenössische Memoiren und Autofiktionen zum Thema Mutterschaft, gelesen durch Kristeva, Schreibblockaden in literarische Kreativität verwandeln und sich als ein Genre konstituieren, das durch ihre eigenen mütterlichen Abstammungslinien definiert ist. Damit gewinnt das Projekt das mütterliche Schreiben als Ort formaler Innovation und kreativer Kraft innerhalb der zeitgenössischen Literatur zurück.